Great Transformation

DGS-Sektionen

Sektionsveranstaltungen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie am Mittwoch, 25. September 2019
Great Transformation
Foto: Sarah Cords

10.30 – 13.00 Uhr

  • Sektion Bildung und Erziehung: Akademisierung und Transformationen der Arbeitswelt

    Sektion Bildung und Erziehung

    Organisator_innen: Alexander Mitterle (Halle), Manfred Stock (Halle)

    Raum: SR 317

    Untersuchungen zum Verhältnis von akademischer Bildung und Akademikerbeschäftigung zeigen, dass das Beschäftigungssystem in Deutschland die beständig wachsende Zahl an Hochschulabsolventen bislang weitgehend absorbiert hat und zwar insgesamt auf angemessenen Stellen. Es liegt die Annahme nahe, dass in der Arbeitswelt auch berufliche Einsatzfelder in Anpassung an die Expansion der Hochschulen erzeugt werden. Mit der Hochschulexpansion nimmt der Anteil anwendungsbezogener Studiengänge weiter zu. Die Einrichtung eines solchen Studiengangs beruht darauf, dass spezifische Handlungsprobleme für spezifische berufliche Felder konstruiert oder bereits bestehende Handlungsprobleme redefiniert werden. Dem Studiengang wird das theoretische Wissen von unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen zugeordnet, die für diese Felder als relevant erachtet werden, und zwar mit dem Anspruch, dass sich die konstruierten oder redefinierten Probleme unter Anwendung dieses theoretischen Wissens lösen lassen. Mit der Akademisierung wird die Erwartung institutionalisiert, dass man sich mit der Anwendung wissenschaftlichen Wissens auf eine angemessenere Lösung beruflicher Handlungsprobleme berufen kann. Gleichwohl sind die Gründe, die Mechanismen und Prozesslogiken dieser Entwicklungen weitgehend ungeklärt. Auf welche Weise sich dieses wissenschaftliche Wissen tatsächlich praktisch bewährt bzw. adaptiert oder verändert werden muss und welche transformativen Prozesse dadurch in der beruflichen Praxis eingeleitet werden, sind weitgehend offene Fragen, die im Rahmen der Veranstaltung diskutiert werden sollen.

    Beiträge:

    • René Krempkow (Berlin), Susan Harris-Huemmert (Speyer), Michael Hölscher (Speyer), Kerstin Janson (Berlin): Akademisierung im Hochschul- und Wissenschaftsmanagement – Problem oder Lösung?
    • Christoph Schubert (Halle): Akademisierung der Lerntherapie. Erschließen, besetzen, verteidigen – Pädagogik und Psychologie ringen um Deutungshoheit
    • Anett Maiwald (Halle): Akademisierte Erziehungsarbeit? Intrusion wissenschaftlichen Wissens und die Transformation von Handlungsorientierungen und frühpädagogischer Semantik
    • Alexander Mitterle (Halle): Gründen lernen? Entrepreneurship Studies und die Rationalisierung des Neuen
    • Martin Winter (Detmold): Akademisierung von Musikhochschulen

    Vortragsabstracts der Referent_innenpdf, 341 kb

  • Sektion Soziale Indikatoren und Sektion Umweltsoziologie: Nachhaltigkeitsindikatoren: Ansätze, Befunde und Potenziale der soziologischen Forschung

    Sektion Soziale Indikatoren und Umweltsoziologie

    Organisator_innen: Christiane Lübke (Duisburg-Essen), Jens Jetzkowitz (Berlin)

    Raum: SR 306

    Ziel der gemeinsamen Veranstaltung der Sektionen Umweltsoziologie und Soziale Indikatoren ist es, aktuelle Ansätze zur Messung von Nachhaltigkeit zu diskutieren, Befunde aus Forschungsarbeiten mit Nachhaltigkeitsindikatoren zusammenzutragen und die Potenziale soziologisch-geprägter Indikatorenforschung aufzudecken. Nachhaltigkeitsindikatoren sind messbare und somit überprüfbare Kennzahlen, mit denen verschiedene Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung beschrieben und deren Entwicklung beurteilt werden können. Sie sind damit vor allem ein wichtiges Instrument, um die Effektivität von Anstößen für sozialökologischen Wandel überprüfbar zu machen.

    Nachhaltige Entwicklung ist ein Leitbegriff in der Diskussion darüber, wie sich moderne Gesellschaften künftig entwickeln sollten. Das schließt sowohl ökologische, soziale und ökonomische Zielsetzungen mit ein. Die Veranstaltung bringt daher wissenschaftliche Beiträge zusammen, die sich mit Indikatoren zur Messung und Analyse verschiedenster Nachhaltigkeitsfelder befassen. Dazu zählen sowohl Kennzahlen zur Messung umweltbezogener Entwicklungen wie bspw. die der Biodiversität, als auch Beiträge zur Messung von umwelt- und klimaschutzbezogene Einstellungen, zur Umsetzung von verschiedenen Nachhaltigkeitszielen wie bspw. den Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels oder der Steigerung von Gesundheit und Wohlergehen. Betrachtet werden außerdem mögliche Konflikte zwischen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Nachhaltigkeitszielen.

    Beiträge:

    • Peter Krause (Berlin): Von der Sozial-Indikatoren-Bewegung zu den SDG’s. Integrierte Entwicklungskonzepte (sozial-ökonomischer und ökologischer) Nachhaltigkeit – Daten und Analysen
    • Ricarda Scheele (Stuttgart), Oliver Scheel (Stuttgart): Nachhaltige Energietransformation: Ein Konzept zur methodischen Erhebung und Integration sozialer Nachhaltigkeitsindikatoren in Energiesystemmodelle
    • Markus Janser (Nürnberg): Der Greenness-of-Jobs Index (GOJI) – Die empirische Analyse der Arbeitsmarktdimension ökologischer Nachhaltigkeit durch die Verknüpfung eines Text-Mining-basierten Indikators mit der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit
    • Christiane Lübke (Duisburg-Essen): Klimawandel in den Köpfen? Indikatoren zum Klimabewusstsein in sozialwissenschaftlichen Datensätzen
    • Andre Mascarenhas (Berlin), Katrin Vohland (Berlin), Christoph Häuser (Berlin): Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Biodiversitätsindikatoren durch Netzwerkanalyse
    • Jasmin Honold (Berlin): Nachhaltigkeits-Monitoring in Kommunen: Ein SDG-Indikatorkatalog und seine potenziellen Weiterentwicklungen

    Vortragsabstracts der Referent_innenpdf, 92 kb

  • Sektion Soziale Ungleichheit und Sozialstrukturanalyse: Meritokratie – Utopie oder Dystopie?

    Sektion Soziale Ungleichheit und Sozialstrukturanalyse

    Organisator_innen: Olaf Groh-Samberg (Bremen), Corinna Kleinert (Bamberg), Markus Lörz (Jena), Katja Pomianowicz (Jena)

    Raum: SR 207

    Meritokratie gilt im Selbstverständnis moderner Gesellschaften als Prinzip, das Chancengerechtigkeit gewährleisten soll, meritokra­ti­sche Grundsätze sind jedoch nicht uneingeschränkt durchgesetzt. Dennoch bzw. gerade deshalb gilt Meritokratie oft als erstrebens­wertes Ziel, weil damit allein erworbene Merkmale über gesellschaftlichen Erfolg, Anerkennung und Wohlstand bestimmen. Meritokratische Gesellschaften ermöglichen in dieser Lesart soziale Mobilität.

    Meritokratie lässt sich aber auch als Ideologie zur Legitimation bestehender Ungleichheiten deuten. Welche Folgen eine Gesellschaft bereithält, die vollständig auf meritokratischen Prinzipien aufgebaut ist, hat Michael D. Young in seinem Zukunftsroman „The Rise of the Meritocracy“ zu Ende gedacht. Die dort vorherrschende Herrschaft der Leistungseliten erzeugt auch eine Gruppe von Abgehängten, denen bereits früh in ihrem Leben bewusst wird, wo ihre Grenzen liegen und wo damit ihr Platz in der Gesellschaft ist. Eine meritokratische Gesellschaft ist mithin keinesfalls egalitär.

    In der Sektionssitzung sollen diese und andere Sichtweisen auf Meritokratie im Kontext aktueller Ungleichheitsentwicklungen diskutiert werden. Insbesondere interes­siert uns dabei die Frage, ob und in welchem Ausmaß moderne Gesellschaften bereits heute die von Young prognostizierte (paradoxe) „Herrschaft der Leistungseliten“ aufweisen und ob sie sich in einer „Great Transformation“ von askriptiven zu kompetitiven Ungleichheiten befinden.

    Beiträge:

    • Steffen Hillmert (Tübingen): Meritokratie als Maßstab, Mythos und Motor gesellschaftlicher Ungleichheit
    • Bettina Mahlert (Aachen): Meritokratie und Moderne. Talcott Parsons, Pierre Bourdieu und aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen
    • Stefan Holubek (Bremen): ›Ein paar Sachen, die einfach so gekommen sind, wie sie gekommen sind.‹ Statushorizonte und ihre Enaktierbarkeit in Lebensführungen deutscher Mittelschichten
    • Stephan Voswinkel (Frankfurt am Main): Aufstiegsorientierung – verallgemeinerbare Orientierung oder unterwerfende Anrufung und Fiktion einer meritokratischen Gesellschaftskonzeption?
    • Hartmut Esser (Mannheim): Ist das Ability-Tracking nicht eigentlich nur rein meritokratisch verkleidetes ›Nobility‹-Tracking? Die Bedeutung der kognitiven Fähigkeiten und der Leistungsdifferenzierung für den schulischen Kompetenzerwerb, Bildungsgleichheit und -gerechtigkeit

    Vortragsabstracts der Referent_innenpdf, 78 kb

  • Sektion Sozialpolitik: Transformationen der Wohlfahrtsproduktion

    Sektion Sozialpolitik

    Organisator_innen: Thilo Fehmel (Leipzig), Sigrid Betzelt (Berlin)

    Raum: SR 208

    Sozialstaatlichkeit als Vergesellschaftungsform und Sozialpolitik als Institutionenkomplex galten über lange Zeit hinweg als zentrale Mechanismen, mit denen die „soziale Einbettung der Ökonomie“ gewährleistet schien. Doch nach Meinung vieler Beobachter lässt die Wirksamkeit dieser beiden Integrationsformen nach: Zum einen wird den (europäischen) ausgebauten Wohlfahrtspolitiken bescheinigt, als Bollwerk gegen Markt und Ökonomie zunehmend zu versagen – zu erkennen etwa an der Zurückdrängung dekommodifizierender zugunsten kommodifizierender, aktivierender, produktivistischer sozialpolitischer Elemente. Zum anderen sind Sozialpolitiken selbst mehr und mehr durchdrungen von wirtschaftlich geprägtem Denken und Regulieren, wie es etwa mit den zentralen Schlagworten der Ökonomisierung, Vermarktlichung und Entstaatlichung sozialer Sicherheit, aber auch der Wohlfahrtsproduktion und Sozialinvestition zum Ausdruck kommt. So gesehen geraten sozialpolitische Ziele und Praktiken immer stärker unter den Einfluss ökonomistischer Imperative. Das lässt sich als Transformation der Wohlfahrtsproduktion konzeptualisieren.

    Die Veranstaltung unterzieht diese Konzeption des sozialen und sozialpolitischen Wandels einer kritischen Prüfung und möchte Belege sammeln, die die These einer grundlegenden Transformation der Wohlfahrtsproduktion be- oder auch widerlegen.

    Beiträge:

    • Thomas Lange (Heidelberg): Hybride Beziehungen zwischen Staat und Wohlfahrtsverbänden als ungeplante Folge sozialpolitischer Reformen
    • Dirk Hofäcker (Duisburg-Essen): Der politische Paradigmenwechsel von der Frühverrentung zum ›Aktiven Altern‹ und dessen sozialstrukturelle Folgen: Ein kritischer Rückblick auf Transformationen der späten Erwerbsphase in Deutschland seit den 1970er Jahren
    • Viviane Vidot (Bielefeld): Wandel mit transformativem Charakter: Der Kita-Ausbau und die doppelte Vergesellschaftung von Müttern
    • Lukas Pfäffle (Heidelberg): Der Sozialstaat – Ein Idealtyp

    Vortragsabstracts der Referent_innenpdf, 88 kb

  • Sektion Soziologie des Körpers und des Sports und Sektion Methoden der qualitativen Sozialforschung sowie Arbeitskreis Politische Ethnografie: Widerstand und Mobilisierung – Zur Wiederkehr der ›Straße‹ in Zeiten existentieller Probleme

    Sektion Soziologie des Körpers und des Sports und Sektion Methoden der qualitativen Sozialforschung sowie Arbeitskreis Politische Ethnografie

    Organisator_innen: Dörte Negnal (Siegen), Thomas Scheffer (Frankfurt am Main), Robert Schmidt (Eichstätt-Ingolstadt)

    Raum: SR 316

    Unsere gemeinsame Veranstaltung der Sektionen Qualitative Methoden der Sozialfor-schung, der Sektion Soziologie des Körpers und des Sports sowie des Arbeitskreises Politische Ethnographie fragt nach der Bedeutung der „Straße“ und der dort lokalisierten und situierten Praktiken in ihren verschiedenen politischen Zusammenhängen. In den politischen Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre lässt sich eine Renaissance der „Straße“ unter Mediatisierungs- und Digitalisierungsbedingungen beobachten. Die „Straße“ ist Träger und Auftrittsort von Politiken der Sichtbarkeit entlang von Körpern. Sie ist eingefasst und verstärkt durch eine Vielzahl multimodaler, multimedialer politischer Aktivitäten und Praktiken, die die Relevanz des Performativen unterstreichen und auf die Aufladung von Gegenständen als politische Angelegenheiten zielen. Diese Aufladung generiert und belegt Symbolkraft, erschließt und blockt Aufmerksamkeiten, fordert und prägt das kulturelle Wissen und den Common Sense. Im Medienverbund von verkörperten Protest-Praktiken, mundanem Soziologisieren, gegenwartsdiagnostischen Diskursen im Feuilleton u. ä. werden so bestimmte Fragen als existentielle Probleme der Gegenwart relevant gesetzt und ‚politisiert‘, andere hingegen de-thematisiert und entpolitisiert.

    Wir laden Vorträge ein, die diese vielfältigen Dynamiken ausgehend von Straßenprotesten mehr oder weniger spekulativ nachzeichnen und politische Fallstudien, wie Ethnographien und Diskursanalysen, zu zeitgenössischen Problemstellungen anlegen.

    Beiträge:

    • Franz Erhard (Leipzig), Alexander Leistner (Leipzig): ›Soldiers for freedom, nation and blood‹. Der Wandel von Anerkennungsordnungen kollektiv-öffentlicher Gewaltausübung durch Fußballhooligans im Zuge der *GIDA-Bewegungen
    • Thomas Kron (Aachen): Das Politische der Messerstecher
    • Philipp Wallmeier (Frankfurt am Main): Die Bearbeitung existentieller Probleme in Widerstandsbewegungen. Zur Selbsteinhegung der Politik der Landkommune seit den 1970er Jahren
    • Daniel Šuber (Würzburg): Zur politischen Funktion von Graffiti in Serbien: Zwischen Subversion und Retrogression

    Vortragsabstracts der Referent_innenpdf, 78 kb

  • Sektion Wissenschafts- und Technikforschung: The Great Digital Transformation. Die Digitalisierung im sozioökonomischen und historischen Kontext

    Sektion Wissenschafts- und Technikforschung

    Organisator_innen: Ulrich Dolata (Stuttgart), Gregor Kungl (Stuttgart), Jan-Felix Schrape (Stuttgart)

    Raum: SR 206

    Zwei große Transformationsprozesse kennzeichnen die Entwicklung kapitalistischer Gesellschaften in den letzten Jahrzehnten: Zum einen ein tiefgreifender Wandel sozioökonomischer Strukturen in Richtung Privatisierung, Deregulierung und Liberalisierung. Und zum anderen die Digitalisierung, die bereits in den 1960er Jahren begann, sich mit der breiten Durchsetzung neuer Informations- und Kommunikationstechniken in den 1980er Jahren intensivierte und sich seither durch eine anhaltend hohe Innovationsdynamik mit disruptiven Effekten auszeichnet.

    Vor diesem Hintergrund möchte diese Veranstaltung die längerfristigen strukturellen Veränderungen in den Blick nehmen, die durch die sozioökonomische Aneignung der Digitaltechnologien in den vergangenen Jahrzehnten angestoßen worden sind darunter beispielsweise die Entstehung neuer und den Wandel existierender Märkte, veränderte Wettbewerbsdynamiken in ökonomischen Kernsektoren, alternative Organisations- und Arbeitsformen, Zentralisierungs- und Dezentralisierungsdynamiken oder neue Muster datenbasierter Wertschöpfung sowie neue Bereiche der Kommodifizierung.

    Im Zentrum der Veranstaltung stehen dementsprechend (1) die sozioökonomischen Struktureffekte des durch die Digitalisierung angestoßenen Wandels, (2) die historische Kontextualisierung und Einordnung aktueller Trends in langfristige soziotechnische Entwicklungsprozesse sowie (3) die Identifizierung der tatsächlich neuartigen Qualitäten gegenwärtiger Digitalisierungsphänomene sowie ihre soziologische Konzeptualisierung.

    Beiträge:

    • Ulrich Dolata (Stuttgart): Einführung: Plattformen und Plattformökonomie – sozioökonomische und historische Kontextualisierungen
    • Felix Gnisa (Jena): Das Maschinensystem des 21. Jahrhunderts? Zur Subsumtion der Kommunikation durch digitale Plattformtechnologien
    • Svenja Hagenhoff (Erlangen-Nürnberg): Gegen die Diskussion mit den drei Unbekannten Daten, Algorithmen und Digitalisierung. Hier: ›Daten‹
    • Carsten Ochs (Kassel): Von der Informationskontrolle zur Unschärfegarantie: Informationelle Privatheit unter den Sichtbarkeitsbedingungen der ›Great Digital Transformation‹
    • Jan-Felix Schrape (Hohenheim): Technik und das Versprechen der Dezentralisierung – eine soziohistorische Kontextualisierung

    Vortragsabstracts der Referent_innenpdf, 87 kb

  • Sektion Wissenssoziologie: Apokalyptische Narrative. Endzeit- und Katastrophenwissen in Erzählungen gesellschaftlicher Zukünfte

    Sektion Wissenssoziologie

    Organisator_innen: Gregor J. Betz (Dortmund), Saša Bosančić (Frankfurt am Main / Augsburg)

    Ort: Großer Rosensaal, Fürstengraben 27, 07743 Jena

    Apokalyptische Narrationen stellen seit jeher in sehr unterschiedlichen Kulturen eine spezifische, das Handeln in einer Gesellschaft mitprägende Form des Zukunftswissens dar. Auch gegenwärtig kursieren in den unterschiedlichsten Kontexten Endzeitszenarien und es werden Katastrophen unterschiedlicher Ausprägung prophezeit. Rechtspopulistische Bewegungen prognostizieren beispielsweise mit der „Islamisierung des Abendlandes“ das Ende der christlich-jüdisch geprägten Kultur, die Klimaforschung zeichnet Schreckensszenarien biblischen Ausmaßes und Diskurse um den demographischen Wandel oder die proklamierte Krise der Arbeitsgesellschaft im Zuge der Digitalisierung bilden Grundlagen für endzeitliche Szenarien.

    Auch die Soziologie ist an der Produktion apokalyptischer Narrative beteiligt, wenn bspw. das Ende der Arbeit im Zuge von umfänglichen Transformationsprozessen angekündigt oder die Risikogesellschaft ausgerufen wird. Nicht zuletzt rekurriert die prognostische Analyse einer ‚Great Transformation‘, welche – wie es das Jenaer Themenpapier zur DGS-Regionalkonferenz formuliert – „insbesondere die frühindustrialisierten Länder“ durchlaufen würden, auf wissenschaftlich gestützte apokalyptische Narrationen.

    In einer Panelveranstaltung der Sektion Wissenssoziologie laden wir dazu ein, sich mit wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Katastrophen- und Endzeitszenarien zu befassen, die mit „Great Transformations“ einhergehen.

    Beiträge:

    • Gregor J. Betz (Dortmund), Saša Bosančić (Frankfurt am Main / Augsburg): Apokalyptische Zeiten: Zur Einleitung
    • Alexander-Kenneth Nagel (Göttingen): Gerüstet für den Untergang: Prepper als apokalyptische Szene?
    • Jan Schedler (Bochum): Narrative der Radikalisierung. Apokalyptische Szenarien im NSU-Komplex
    • Christine Unrau (Duisburg): Kairos und Telos: Apokalyptische Elemente in der Globalisierungskritik
    • Christian Hilgert (Konstanz): Die geteilte Umwelt? Zu den politischen
      Funktionen der ökologischen Apokalyptik
    • Detlef Pollack (Münster): Soziologie als apokalyptisches Katastrophenszenario: Hartmut Rosas resonanztheoretische Rekonstruktion der Moderne

    Vortragsabstracts der Referent_innenpdf, 89 kb

15.00 – 17.30 Uhr

  • Sektion Professionssoziologie: Prekäres Gemeinwohl? Professionen zwischen Markt, Partikularinteressen und sozialer Verantwortung

    Sektion Professionssoziologie

    Organisator_innen: Christiane Schnell (Frankfurt am Main), Julia Gutjahr (Hamburg)

    Raum: SR 317

    Die Gemeinwohlorientierung ist die zentrale Legitimation des Sonderstatus der Professionen. Die besondere Expertise von Professionen ist gleichermaßen von gesellschaftlicher Relevanz, wie sie dem Gemeinwohl dienen soll. Während diese idealtypische Konzeption historisch-kritisch relativiert wurde, sorgte die Einführung sogenannter neuer Steuerungsprinzipien in der öffentlichen Daseinsvorsorge für einen Strukturwandel im Feld der professionellen Arbeit. Vertrauen in die professionelle Wertorientierung und kollektive Selbstregulation sollte zumindest teilweise durch „Accountability“ sowie mitunter der Vorstellung von KlientInnen als souveräne KonsumentInnen abgelöst werden. Und nicht zuletzt haben Professionen selbst Strategien der Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen entwickelt und durchaus auch proaktiv ihre eigene Kommerzialisierung betrieben. Wo also bleibt die Gemeinwohlorientierung im Feld der professionellen Arbeit unter den Bedingungen des Strukturwandels und zunehmender Privatisierung des öffentlichen Sektors? Ist das Gemeinwohl nicht auch an einen Konsens des gesellschaftlich Relevanten gebunden, der von der Wettbewerbsdynamik bspw. im Gesundheits- und Sozialsystem oder Kulturbereich untergraben wird? Was geschieht mit der professionssoziologischen Überlegung, dass das Verantwortungsbewusstsein in der professionellen Praxis selbst erzeugt wird? Diese und andere Fragen im Spannungsfeld zwischen Gemeinwohlorientierung, Partikularinteressen und der Rückkehr des Staates werden im Rahmen der Sektionsveranstaltung diskutiert. Empirische wie theoretische Beiträge zu klassischen oder neuen Feldern der professionellen Arbeit sind hierzu gleichermaßen eingeladen.

    Beiträge:

    • Christiane Schnell (Frankfurt am Main), Julia Gutjahr (Hamburg): Gemeinwohlorientierung und Strukturwandel im Feld der professionellen Arbeit
    • Gina Atzeni (München): Überlegungen zur sozialen und soziologischen Funktion des Konzepts Gemeinwohlorientierung
    • Silke Ötsch (Göttingen): Professionelle der Steuergestaltung. Unterstützt der institutionelle Rahmen der Professionellen in Deutschland Tendenzen der Entbettung oder Wiedereinbettung?
    • Friedrich Heubel (Marburg): Überwucherte Professionalität: ›Soul of Professionalism‹ und das Gesundheitswesen
    • Ramona Lange (Berlin), Kaspar Molzberger (Berlin), Susanne Dettmer (Berlin): Karrieren in der Universitätsmedizin zwischen professioneller Kollegialität und Einzelinteresse
    • Freya Gassmann (Saarbrücken), Eike Emrich (Saarbrücken): (Nachwuchs-) Wissenschaftler im Spannungsverhältnis von Beruf(ung) und Berufungsfähigkeit?
    • Helena Flam (Leipzig): Professionen und Zivilgesellschaft

    Vortragsabstracts der Referent_innenpdf, 80 kb

  • Sektion Soziologische Theorie: Zeitdiagnosen – Belastbare Deutungsangebote oder haltloser Alarmismus?

    Sektion Soziologische Theorie

    Organisator_innen: Sina Farzin (Hamburg), Henning Laux (Chemnitz)

    Ort: Großer Rosensaal, Fürstengraben 27, 07743 Jena

    Soziologische Zeitdiagnosen haben innerhalb ihrer eigenen Disziplin einen zwiespältigen Ruf: Einerseits vermitteln sie soziologische Erkenntnisse in eine breite Öffentlichkeit und erreichen potentiell Leser_innen jenseits der eigenen überschaubaren fachlichen Community mit soziologischen Deutungsangeboten. Andererseits orientieren sie sich gerade aufgrund ihres popularisierenden Anspruchs häufig sowohl in Duktus als auch Inhalt eher an massenmedialen als an wissenschaftlichen Kommunikationsroutinen. Zeitdiagnosen setzen, so die Kritik, auf radikale Vereinfachung, Zuspitzung und „Newsworthiness“ und zurren komplexe empirische und theoretische Hintergründe in möglichst einem einprägsamen Schlagwort zusammen. Dass dabei die empirischen und theoretischen Grundlagen soziologischer Zeitdiagnostik instabil werden, ist eine Befürchtung, die innerhalb der wissenschaftlichen Community immer wieder artikuliert wird. Wir möchten diese Diskussion entlang von einschlägigen Diagnosen fokussieren und dabei das Verhältnis von Zeitdiagnostik und Gesellschaftstheorie zur Diskussion stellen.

    Beiträge:

    • Thorsten Peetz (Bremen), Anne K. Krüger (Berlin), Hilmar Schäfer (Frankfurt (Oder)): ›Bewertungsgesellschaft‹ als Zeitdiagnose? Zwischen starken Thesen und partiellen Deutungsangeboten
    • Annette Schnabel (Düsseldorf): Singularität und Resonanz – Zeitdiagnosen und Handlungstheorie
    • Tobias Werron (Bielefeld): Zeitdiagnose und Gesellschaftstheorie: Zur Beziehung zweier soziologischer Genres

    Vortragsabstracts der Referent_innenpdf, 63 kb

  • Sektion Stadt- und Regionalsoziologie: Klimawandel und urbane Transformationen zur CO2-neutralen und resilienten Stadt

    Sektion Stadt- und Regionalsoziologie

    Organisator_innen: Dieter Rink (Leipzig), Sigrun Kabisch (Leipzig)

    Raum: Hörsaal 6

    Urbane Transformationen sind eine entscheidende Dimension bei der Umsetzung der Großen Transformation, der Klimawandel stellt dabei die zentrale Herausforderung dar. Im Panel soll u.a. darüber diskutiert werden, wie die beiden Transformationen initiiert und beschleunigt werden können, wer die entscheidenden Akteure und die entsprechenden Governance-Strukturen sind. Diese Fragen sollen theoretisch-konzeptionell und / oder empirisch an Fallbeispielen bzw. Vergleichen elaboriert werden.

    Beiträge:

    • Peter Moser (Osnabrück): CO2-neutrale Stadt – eine kritische Reflektion
    • Hubert Heinelt (Darmstadt): Lokale Klimapolitik als ›battle over ideas‹
    • Gerhard Fuchs (Stuttgart): Energy Transitions as local projects: situative governance in Germany
    • Christian Kuhlicke (Leipzig): Die resiliente Stadt
    • Marie-Luise Baldin (Erfurt), Heidi Sinning (Erfurt): Akteure, Kommunikationsdefizite und Umsetzungsdilemmata zur Hitzeresilienz. Governancestrukturen der Klimaanpassung an Hitzebelastung am Beispiel der Großstädte Dresden und Erfurt

    Vortragsabstracts der Referent_innenpdf, 87 kb

  • Sektion Umweltsoziologie: Von Wegen und Visionen – große und kleine Erzählungen einer ökologischen Zukunft

    Sektion Umweltsoziologie

    Organisator_innen: Melanie Jaeger-Erben (Berlin), Stephan Lorenz (Jena)

    Raum: SR 315

    Der ökologische Diskurs speist sich oft aus Warnungen vor Risiken und drohenden Katastrophen einer zerstörten Natur. Frühe Beispiele bieten dafür Rachel Carsons „Der stumme Frühling“ oder auch „Die Grenzen des Wachstums“. Neuere Debatten über „planetare Grenzen“ einerseits oder „Degrowth“ andererseits setzen dies fort. Zustimmung für die Abwehr von Gefahren lässt sich meist leichter erzeugen, als für positive Ziele einer ökologischen Zukunft, v. a. wenn sie gewohnte Lebensweisen, Konsum- und Produktionssysteme grundlegend infrage stellen. Vor diesem Hintergrund widmet sich die Veranstaltung den ökotopischen Visionen und Entwürfen alternativer Entwicklungspfade, die – mal manifest, oft latent – ebenso im ökologischen Diskurs wirksam sind. Sie reichen von Varianten des „Zurück zur Natur“ bis zum ergrünten „Weiter so“ oder suchen – im Großen wie im Kleinen – nach diversen Alternativen. Visionäre Ideen zum guten Leben gehören ebenso dazu wie Strategien der ökologischen Modernisierung oder der nachhaltigen Entwicklung sowie zahlreiche alltagspraktische Entscheidungen, gemeinschaftliche Experimente oder kommunale Nachhaltigkeits-Projekte.

    In der Veranstaltung wird es darum gehen, Wege und Visionen insbesondere in ihren Zusammenhängen zu reflektieren: Bezogen auf welche Problemdiagnosen lassen sich auf welchen Wegen die visionären Ziele erreichen – welche Ziele sind mit gegebenen Mitteln umzusetzen? Auf welche Weise soll es wohin gehen und wer soll das entscheiden?

    Beiträge:

    • Jan-Felix Schrape (Stuttgart): Technik und die Vision von einem sozial wie ökologisch ausgeglichenen Postkapitalismus
    • Tilman Santarius (Berlin): Sanfte Digitalisierung. Leitprinzipien einer zukunftsfähigen digitalen Gesellschaft
    • Florian Hofmann (Berlin), Jakob Zwiers (Berlin): Circular Society als soziale Ökotopie
    • Karsten Gäbler (Jena): Dezentralisierung und Demokratisierung – Öko-anarchistische Visionen und die Idee der Kleinräumigkeit
    • Renata C. Motta (Berlin): Ernährungssouveränität als feministisches Thema
    • Katharina Block (Oldenburg): Storytelling im Anthropozän
    • Jens Jetzkowitz (Berlin): Leben im Einklang mit der Natur in James Camerons ›Avatar‹: Fallstudie einer kulturindustriell erzeugten Nachhaltigkeitsvision

    Vortragsabstracts der Referent_innenpdf, 98 kb

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